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Mal wieder: Sport und Laktat und so
Floh:
Guten Abend zusammen.
Ich habe gerade versucht die letzten paar Fäden zum Thema Laktat und hohe Belastung zu lesen. Bin mir nicht sicher ob ich alles korrekt verstanden habe - also hänge ich meine Fragen noch mal an.
Vorgeschichte:
Ich stelle unterschiedliche Blutzuckerentwicklungen auf dem Weg zur Arbeit (und danach) fest. Wenn ich von einem idealen Morgenwert von 100mg/dl ausgehe (okay, der liegt manchmal anders, aber ich bleibe für's Beispiel dabei) und danach zur Arbeit radle (wie jeden Morgen) gibt es tendenziell drei unterschiedliche Szenarien:
1) Ich nehme den direkten Weg (selten) von 7km, der mich durch relativ stark bevölkertes Gebiet führt. Eine Herzfrequenzmessung für diesen Trip habe ich nicht - ich muss aber wegen Ampeln relativ häufig anhalten und erreiche eine relativ langsame Durchschnittsgeschwindigkeit.
Mein Blutzucker sinkt typischerweise dramatisch ab (also viele 100mg/dl/h) und ich bin den größten Teil des Vormittags mit nachfuttern beschäftigt. Das ist zwar schön, versaut mir aber den Bauchumfang :)
Hier ist die Belastung also vermutlich dass, was in den Artikeln als Bagatellbelastung mitten im Essensbolus bezeichnet wird.
2) Ich nehme den schönen Weg (normal) von 20km, der mich entlang von Hauptstraßen führt. Herzfrequenz liegt im Maximum bei 183 (bei Sprintstücken), im Durchschnitt bei >170 (ja, Durchschnitt größer sieht blöd aus, aber das beschreibt die unterschiedlichen Tage am besten).
Der Blutzucker steigt nach dem Essen eher an, nachdem dies aber die typische Belastung ist habe ich das einigermaßen im Griff. Nach relativ genau 2.5h fängt der BZ an zu fallen. Zügig, aber nicht so schnell wie im Fall 1.
Meine Behauptung wäre nun: Laktat vorhanden, bringt mir Resistenz bis abgebaut, danach zu viel Insulin für den "normalen" Büroalltag, also sinkt der BZ. Ich muss um 10.30h was Essen.
3) Schöner Weg, aber wegen faulem Tag/schlecht Geschlafen/anderen Verkehrsteilnehmern langsam unterwegs. Herzfrequenz max bei 165, Durchschnitt bei 140. Der Blutzucker fällt superfix (>200mg/dl/h) und ich komme schon mit Unterzuckerung an der Arbeitsstelle an.
Wie Fall 1, nur längere Belastung und daher noch blöder.
Nun sehe ich zwei Optionen:
a) Immer schnell fahren und für ausreichend Resistenz sorgen. Damit bin ich bei Fall 2, in dem ich die Insulinmenge richtig eingestellt habe (Anmerkung: derzeit Levemir - Pumpe ist bestellt. Mit Pumpe würde ich dann versuchen die Insulindosis zwischen 7-10 zu erhöhen, nach 10 deutlich zu verringern).
b) Insulindosis auf Fall 3 einstellen. Dann bin ich immer wenn ich schnell fahre in einer blöden Resistenzsituation. Die kann ich dann am Arbeitsplatz durch eine Korrekturdosis versuchen einzufangen.
Übersehe ich da etwas?
Joerg Moeller:
Wenn ich weiß, daß von Aktion X mein BZ fällt, dann kann ich ja auch vorher für Aktion X ein paar BE zulegen. Ich weiß nicht ob du frühstückst, aber in dem Fall könntest du ja ein paar BE in deinem Frühstück uninsuliniert lassen, also z.B. 4 BE essen und nur für 2 BE den Bolus geben.
Viele Grüße,
Jörg
ariola:
Hallo Floh,
fährst du nüchtern Rad oder hast du gefrühstückt? Falls du frühstückst, würde ich, wie Jörg es schon vorgeschlagen hat, den Bolus reduzieren. Resistenzen versuche ich so geht es geht zu vermeiden, da bei mir dann relativ schnell der Stoffwechsel auf längere Zeit kippt.
Falls du aber, während jeder Radfahrt unbedingt eine Resistenz erreichen möchtest, gibt es noch die Sache mit dem 10 sec Sprint. Aber Anwendung auf eigenes Risiko
Durch einen 10 sec Sprint (also wirklich volle Pulle) werden im Körper Adrenalin, Wachstumshorme und Cortison freigesetzt, näheres findest du in dieser Studie: http://care.diabetesjournals.org/content/29/3/601.abstract
LG
Ariola
Floh:
Hallo ariola und Jörg.
Danke für die schnellen Antworten. Ich bin besonders beeindruckt, dass die Studien lesbar sind (und nicht etwa 100€/Seite für den Download sehen wollen). Nach der Studie würde ich sagen: Ja.. meine Ampelsprints erfüllen eben genau diese Kriterium. Auch die beobachteten 2 Stunden bis zum Ende der Resistenz passen ganz gut zu meinen Beobachtungen.
Zur Frage: Ich frühstücke vorher. Ich befürchte, dass genau das ein Teil des Problems ist - wenn ich eben keine Sprints fahre ist mein Essensbolus zu hoch und der BZ sinkt rapide.
Ich bin leider nicht ganz glücklich mit der Antwort: "Wenn du vorher weißt, dass von Aktion X der BZ fällt..". In Prinzip stimme ich völlig zu (deswegen versuche ich es relativ genau zu dokumentieren) - ich befürchte aber, dass der Stadtverkehr sich eben immer ändert. Es ist leider manchmal nur schwer vorherzusehen, ob ich es schaffe mich maximal zu Verausgaben, oder ob eine Gruppe von Radlern den Weg versperrt/ein Straßenfest stattfindet etc.
Weil das so schwer einschätzbar ist, bleibt mir im Endeffekt nur auf Sicherheit zu spielen und so zu insulinieren, dass ich auch bei maximalem Blutzuckerabfall auf der sicheren Seite bleibe. Dann rausche ich aber eben (wenn alles gut geeht) in eine Resistenz, die ich dann nachbehandeln müsste (also am Arbeitsplatz nachspritzen) und bekomme sehr hohe Werte.
Insgesamt einfach eine unschöne Situation.
vehikelneuling:
--- Zitat von: Floh am Juni 17, 2013, 14:47 ---
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Zur Frage: Ich frühstücke vorher. Ich befürchte, dass genau das ein Teil des Problems ist - wenn ich eben keine Sprints fahre ist mein Essensbolus zu hoch und der BZ sinkt rapide.
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--- Ende Zitat ---
Hallo,
ich kenne auch die Problematik, aber leider komme ich für mich persönlich bei keinem wirklichen Ergebnis.
Sicherlich sollte man theoretisch mit einem 10 Sekunden Sprint zu einem hypoegalisierenden Laktatwert kommen, aber ist das ein 100%ig sicheres Faktum?
Faktum ist, dass ein hoher Laktatwert von ca. 20 mmol/l einen Schutzmechanismus auslösen muss. Ist dieser Schutzmechanismus ausgelöst, muss der Körper an weiterer Laktatproduktion gehindert werden, was eine totale Erschöpfung bedeutet bzw. bedeuten würde.
Ich frage mich auch, wie schnell muss ein Laktatwert von 20 mmol/l abgepuffert werden, um nicht tödlich zu enden.
Das Problem ist, das Laktat das Blut säuert.
Ein Laktatwert von 20 mmol/l soll das Blut so stark säuern, dass das Insulin nicht mehr angenommen wird.
Im Konkreten soll sich der pH-Wert unter 6,9 befinden bei einem Laktatwert von 20mmol/l, ab diesem pH-Wert werden Eiweiße zerstört, somit auch Insulin.
(Teupe schreibt auf Seite 489, dass der Tod eintritt bei einem pH-Wert von 6,8 [wohl längerfristig])
Nur niemand schreibt, wie schnell solch ein Wert abgepuffert wird, wie oft kann solch ein Wert abgepuffert werden.
Alle Theorie ist relativ, ich hingegen habe die Erfahrung gemacht, dass ich lieber einen erhöhten Blutzucker habe, als dass ich unterzuckere beim Sport.
Bei meinen Sprinttrainings reduziere ich gar kein Insulin, lege die Pumpe auch nicht ab.
Sollte der Blutzucker im Training steigen gebe ich Insulin.
Die Schwierigkeit ist die Belastungsintensität, wieviel Laktat wird produziert, das liegt leider auch an der Tagesform.
Wenn ich nicht in der Lage bin voll zu sprinten, dann brauche ich Glukose.
Leider ist das Sprinttraining (z.B. 8x 200m in ca. 25s) so anstrengend für mich, dass ich oft Glukose brauche, weil ich zuwenig Laktat produziere, weil ich zu schlapp oder zu lustlos bin.
Ich hingegen frage mich mittlerweilen: ist es wirklich nur das Laktat, was den Blutzucker steigert, oder ist es vielleicht auch die entstehende Säure, die zu langsam abgepuffert wird und die Insulinmoleküle angreift.
Je tiefer man in eine Materie eindringt, desto mehr Fragen stellen sich einem.
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