Puckett, Lightfoot: A model for multiple subcutaneous insulin injections developed from individual patient data, veröffentlicht in Am J Physiol. 1995 Dec, 269 (6 Pt 1): E1115-24
Da ich kein Mediziner bin brauche ich es nicht genauer zu wissen. Ich bleibe bei meiner Auffassung, daß Insulin von der Spritzstelle ins Blut diffundiert und keinen Umweg über das lymphatische System macht. Alles andere kann auch sein aber ich ignoriere das, weil es vermutlich vernachlässigbar geringe Mengen betrifft.
Ich gebe zu, dass es
bisher für Diabetiker keinen Grund gab, sich genauer damit zu beschäftigen, auf welchem Weg eigentlich das Insulin ins Blut gelangt.
Das ist ein Spezialinteresse von mir, dass sicherlich nicht jeder teilen kann oder muss.
Solange man den Zucker ausschließlich im Blut misst, ist es für den Verlauf eigentlich völlig egal, wo genau sich das Insulin befindet, das für die Blutzuckerveränderungen verantwortlich ist. Man braucht auch eigentlich gar nicht zu wissen, dass sich auch Glukose nicht nur im Blut, sondern auch in ähnlicher Konzentration in der Zwischenzellflüssigkeit befindet und aufgrund des Konzentrationsgefälles in die eine oder andere Richtung diffundiert. Wenn man das nicht weiß, wird man sich jedoch wundern, warum eine klassische BE (=12 g KH) den Blutzucker nur um etwa 30 bis 50 mg/dL steigern, denn 12000 mg Glukose geteilt durch 35dL würden eigentlich einen Anstieg um mehr als 340mg/dL ergeben. Erst wenn man berücksichtigt, dass in der Zwischenzellflüssigkeit ähnliche Glukosekonzentrationen vorliegen, wie im Blut, aber etwa 3-4 mal mehr Zwischenzellflüssigkeit als Blut im Körper ist, wird der beobachtete Anstieg einigermaßen verständlich.
Ähnlich ist es auch mit dem Insulin. Die Konzentrationen, die man im Blut misst, müssten um ein Vielfaches höher sein, wenn das Insulin nur ins Blut ginge. Sie sind aber gut erklärbar, wenn man annimmt, das Insulin sowohl ins Blut als auch in ähnlicher Konzentration im Zwischenzellwasser steckt. Dann bleibt natürlich immer noch die berechtigte Frage, ob das Insulin von der Injektionsstelle zunächst ins Blut und dann ins Zwischenzellwasser gelangt oder ob es zuerst in die Zwischenzellflüssigkeit und erst danach ins Blut kommt.
In Fachkreisen ist man sich aber weitgehend einig, dass bei subkutaner Injektion tatsächlich das Insulin auf dem Umweg über die Zwischenzellflüsigkeit ins Blut gelangt.
Hier ein Beleg aus
Puckett, Lightfoot: A model for multiple subcutaneous insulin injections developed from individual patient data, veröffentlicht in Am J Physiol. 1995 Dec, 269 (6 Pt 1): E1115-24
Solange man also nur den Blutzucker misst, kann es einem eigentlich egal sein, wo sich genau wie viel Insulin befindet und wie es dort hingekommen ist.
Mit Einführung von Glukosemessungen im Zwischenzellwasser (sei es nun mit Freestyle Libre oder einem CGMS) hat sich die Lage jedoch deutlich verändert. Hier steht man nämlich plötzlich vor dem Problem, dass sich die Verläufe in der Zwischenzellflüssigkeit zeitweise deutlich von denen im Blut unterscheiden.
Wenn man nun also mit Geräten wie Freestyle Libre seine Aufmerksamkeit auf die Glukoseverläufe in der Zwischenzellflüssigkeit verlegt, ist es doch eigentlich naheliegend, anzunehmen, dass auch das Insulin in der Zwischenzellflüssigkeit einen Einfluss auf den Glukoseverlauf hat.
Du hast doch selbst formuliert
Allein mit der Diffusionsproblematik (Glukose vom Blut in die Zellen laut Abbott von 5 - 15 Minuten) lässt sich das nämlich nicht erklären. einer der Gründe, warum ich zur Zeit aufs Libre verzichte.
In dem Punkt gebe ich dir absolut Recht. Es gibt ganz viele Verläufe, die sich mit der Diffusion nicht erklären lassen. Trotzdem man sich doch fragen, ob das an der Technik des Sensors liegt oder ob die Abweichung zwischen Sensormesswert und Blutzucker eher physiologische Gründe hat.
Gerade gestern habe ich folgenden interessanten Verlauf beobachtet:
6:40 Freestyle Libre Scan: 180 Blutzucker: 175
16 IE Basis (Levemir) plus 1,5 IE reine Korrektur (Humalog) ohne Mahlzeit
7:15 Freestyle Libre Scan: 196 Blutzucker: 174
7:40 Freestyle Libre Scan: 174 Blutzucker: 167
8:20 Freestyle Libre Scan: 143 Blutzucker: 160
10:10 Freestyle Libre Scan: 112 Blutzucker: 126
11:25 Freestyle Libre Scan: 106 Blutzucker: 127
12:20 Freestyle Libre Scan: 102 Blutzucker: 133
15:00 Freestyle Libre Scan: 70 Blutzucker: 87
Der Scanwert ist zunächst etwas höher als der Wert im Blut, sinkt dann aber vor allem in der Anfangszeit deutlich schneller als der Blutzucker und liegt nach 8 Uhr immer deutlich unter dem Blutzucker. Durch Diffusion ist das nicht erklärbar, da sollten sich die Werte eigentlich im Laufe der Zeit angleichen. Der Verlauf zeigt auch keine Hinweise auf große Zufallsschwankungen bei den Messwerten des Freestyle libre.
Es fällt doch auf, dass die Scanergebnisse genau in dem Zeitraum besonders stark sinken, wo nach dem Modell von Puckett und Lightfoot besonders viel Insulin in der Zwischenzellflüssigkeit sein müsste. Soll das wirklich Zufall sein? Ich habe zahlreiche ähnliche Verläufe beobachtet und stelle fest, dass immer wieder besonders große Abweichungen zwischen Scanwert und Blutzucker in den ersten zwei Stunden der Wirkungsdauer von Humalog auftreten. Ich habe daher die starke Vermutung, dass das mit der erhöhten Konzentration von Insulin in der Zwischenzellflüssigkeit zu diesen zeiten zusammenhängt.
Es kann natürlich sein, dass ich ein Einzelfall bin, bei dem der Unterschied im Konzentrationsverlauf des Insulins zwischen Zwischenzellflüssigkeit und Blut besonders stark ausgeprägt ist und daher einen besonders großen Einfluss auf die Glukoseverläufe im Blut und in der Zwischenzellflüssigkeit haben.
Es würde mich aber auch nicht überraschen, wenn es bei anderen Patienten ähnliche Verläufe gäbe, und bisher einfach nur der Zusammenhang übersehen worden wäre.