Autor Thema: postprandial - wie hoch darf der BZ steigen  (Gelesen 8584 mal)

Offline Dirk B.

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postprandial - wie hoch darf der BZ steigen
« am: Januar 30, 2017, 18:28 »
Hallo liebe Wissenden,

Ich bin, wie schon erzählt, Typ2 Diabetiker. Behandelt wird dieser Diabetes mit Metformin und Basalinsulin. Ich versuche seit der (erneuten) Diagnose mich auch wieder in einer vernünftigen Ernährung um mein erstaunliches Gewicht zu reduzieren.
Was ich seit Beginn der Behandlung merke ist das ich recht empfindlich auf BZ Schwankungen aber auch die regulierenden Medis reagiere. Der BZ war nach einigen Wochen gut eingestellt. Lantus = 2 x am Tag (14IE) - Metformin = 2 x 1000mg am Tag. Was mich störte und immer noch stört ist der BZ nach der Futteraufnahme. Wenn ich KH beim Essen reduziere und und immer schön pünktlich und leider auch recht eintönig esse ist alles gut und der BZ steigt nach dem Essen moderat um 40-70 mm/dl an und ist in der Regel nach 1-3 Stunden wieder bei 95-110 mm/dl. Weiche ich von dem gewohnten ab dann geht es höher.
Zum Beispiel war ich gestern zum Essen eingeladen. Ein kleines Steakilein (ca.300g) mit einer Folienkartoffel (ca. 200-250g) + Kräuterquark zur Kartoffel und anschießend ein kleines Eis. Ich hatte ca.3 std. vor dem Essen einen BZ von 140. Da ich keinen Bolus spritze habe ich den BZ vor dem Essen nicht gemessen, ich gehe aber davon aus das ich bei max. 110mm/dl gelegen habe. Das Essen hat incl. Dessert ca. 6 - 6,5 KH gehabt. Getrunken habe ich nur Wasser. Nach einer Stunde fühlte ich mich unwohl. Eher ein diffuses Gefühl und habe den BZ gemessen ich lag da bei 206mm/dl. Zuhause bei der nächsten Messung 50 Minuten später war ich bei 248mm/dl und eine weitere Stunde danach bei 184mm/dl.


Die Ernährungsberaterin beschreibt dieser Anstieg sei so normal. Das will ich ihr auch glauben. Aber kann das wirklich sein das ich einen steigenden BZ auch in diesem moderaten Bereich fühle? Wenn ich dieses "diffuse" Unwohlsein empfinde kann ich durch BZ Messen immer bestätigen das ich bei ca. 180 oder darüber bin. Das Gefühl äußert sich in der Regel in leichtem schwitzen und vielleicht ein wenig "fahrigkeit". Besser kann ich das nicht beschreiben.

Nun lese ich immer häufiger das dem Postprandialen BZ mehr Bedeutung zugemessen wird als dieses "früher" der Fall war.
Die Frage die sich mir nun stellt: Soll ich den BZ Verlauf mit den Ausreißern so akzeptieren? Oder ist es Sinnvoll auf zusätzliches Essinsulin zu drängen um bei absehbarer KH Aufnahme reagieren zu können. Das Problem, wenn es denn eines ist, wird sich vor allem dann verstärken wenn ich wieder an die Schippe muss da ich berufsbedingt viel Reise und dann auch zu eher unterschiedlichen Zeiten und da auch auch öfters in Restaurants esse. Zum zweiten will ich dieses unangenehme Gefühl bei steigendem BZ nicht ständig hinnehmen.

Ich bin mir absolut im klaren darüber das ein BZ von 250 nach dem Essen nicht wirklich ganz doll schlimm ist. Aber wenn man was dagegen tun kann....




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Hinerk

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Re: postprandial - wie hoch darf der BZ steigen
« Antwort #1 am: Januar 30, 2017, 19:06 »
Moin,

Du hast mit Deinen bedenken ob höhere BZ einfach so hinzunehmen sind, völlig recht.

Tatsächlich  wird dem pp. Wert seit einiger Zeit neue Beachtung gegeben, es gibt Studien welche eine Einhaltung von 1 Std. pp. Werten <160 empfehlen.

Dein DiaTeam wird Dich bestimmt in eine für Dich richtige Lösung führen

Nur für mich selbst gilt ein BZ Bereich 80-160, natürlich wird dieses Ziel nicht immer erreicht.

MLG

Hinerk

Offline Dirk B.

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Re: postprandial - wie hoch darf der BZ steigen
« Antwort #2 am: Januar 30, 2017, 21:25 »
Moin Hinerk,

Danke erstmal für die Antwort. Was mich irritiert ist meine Reaktion auf die Werte. Wenn ich dann mal unter 85mm/dl gehe habe ich leichte Sehstörungen mir wird schwindelig und ich bekomme leichte Kopfschmerzen, frösteln, müde. Das kann kein Hypo sein aber hinterm Steuer wollte ich auch davon nicht überrascht werden und der Zusammenhang zwischen BZ und meinen Reaktionen ist definitiv gegeben.


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Offline Kladie

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Re: postprandial - wie hoch darf der BZ steigen
« Antwort #3 am: Januar 30, 2017, 21:27 »
Hallo Dirk. B,

wie auch Hinerk ist mein Ziel immer zwischenn 80 und 160 mg/dl zu bleiben und dieses Ziel werden wohl auch die meisten anderen anstreben. Die Frage die du stellst beantwortet jedoch jeder nur für sich. Die einen würden gerne und können nicht und den anderen ist es egal oder scheuen den Aufwand.

Meiner Meinung nach wird durch kurzzeitige BZ Spitzen (1 bis max 2 Stunden) die Wahrscheinlichkeit für diabetische Folgeschäden nur in engen Grenzen verschoben. Da aber niemand weiß ob Sie/Er 100%ig Folgeschäden zu erwarten hat oder garantiert keine bekommt ist die allgemeingültige Ärztemeinung das könnte akzeptiert werden. Diese Spitzen zu verhindern kostet nämlich zusätzlich Geld.

Wenn du diese Spitzen vermeiden willst, muß du wohl auch Bolusinsulin nutzen, das gegen diese kurzzeitigen Spitzen als einziges Mittel eingesetzt werden kann. Vergleichbare Mittel wie z. B. Trulicity können das nicht ganz so gut.

Meine persönliche Einstellung ist, die Wahrscheinlichkeit der Folgeschäden so gut es eben geht herunter zu setzen und scheue auch den Mehraufwand dafür nicht. Deshalb ist bei mir Bolus angesagt und ich kann heute sogar auf Basal verzichten weil sich meine Betazellen noch rege an der BZ Steuerung beteiligen können. Ich bilde mir ein, die Schonung dieser Zellen durch konsequentes vermeiden von hohem BZ hat geholfen die Insulinproduktion auf einem guten Niveau zu konservieren. Das hilft mir ausserordentlich mein Ziel meistens einzuhalten. Mein HbA1c von um die 5,6 % in den letzten 5 Jahren zeigt den Erfolg meiner Vorgehensweise. Ob damit allerdings alle Folgeschäden (oder das was so bezeichnet wird) verhindert werden steht in den Sternen.
Wir sollten aus der Vergangenheit lernen
und in der Zukunft alles ausprobieren.

Offline Gyuri

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Re: postprandial - wie hoch darf der BZ steigen
« Antwort #4 am: Januar 30, 2017, 22:04 »
(…) Ob damit allerdings alle Folgeschäden (oder das was so bezeichnet wird) verhindert werden steht in den Sternen.
Das ist, wie so vielees, nur eine statistische Größe die keine individuellen Einzelfälle beantworten kann.
Genauso wie das Hinterhereilen nach einem bestimmten HbA1c-Wert, könnte man auch auf seine Fettwerte, den BMI, den Rauchgewohnheiten, eine wie immer auch verschieden gewichtete Kombination achten, und kann für sich selbst doch keine zuverlässige Vorhersage treffen. Was ich tun kann (und will) das versuche ich besser zu machen, was nicht geht geht nicht.
Ob meine Frau mit besseren BZ-Werten keinen Schlaganfall erlitten hätte? Wir wissen es nicht … und das ist vielleicht auch gut so.
Ein Onkel von mir, hat "gesund" gelebt, war gebildet, wohlhabend und mit einer Ärztin verheiratet. Dann war er mit seinem Porsche viel zu schnell…
Gruß vom Gyuri

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Offline Dirk B.

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Re: postprandial - wie hoch darf der BZ steigen
« Antwort #5 am: Januar 30, 2017, 22:54 »

...Meine persönliche Einstellung ist, die Wahrscheinlichkeit der Folgeschäden so gut es eben geht herunter zu setzen und scheue auch den Mehraufwand dafür nicht. Deshalb ist bei mir Bolus angesagt und ich kann heute sogar auf Basal verzichten....


Hallo Kladie,

Genau da will ich auch ansetzen. Leider habe ich bereits einige Durchblutungsstörungen und Nervenschädigungen. Ich will da allerdings eine Verschlechterung um jeden Preis vermeiden. Insgesamt mochte ich Basal etwas reduzieren vielleicht auch das Insulin wechseln. Ich glaube es war Tarabas der mir schon mal Levimir anstelle von Lantus nahegelegt hat weil sich das nicht so negativ aufs Gewicht auswirkt. Und die Spitzen möchte ich in erster Linie über Ernährung vermeiden und wenn erforderlich durch Bolus korrigieren.
Ich muss da nur noch mal auf die Diabetologin einwirken.;)

Viele Grüße

Dirk



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Offline Gyuri

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Re: postprandial - wie hoch darf der BZ steigen
« Antwort #6 am: Januar 31, 2017, 07:55 »
Solche Theorien sich recht und gut … wenn sie aufgehen.
Wer aber (wie z.B. meine Frau) mit 350mg/dl aufwacht und über den Tag verteilt MINDESTENS 75 I.E. Novorapid spritzt um wenigstens postprandial unter der 300er Marke zu bleiben, dem kann man nicht das Lantus entziehen und hoffen, dass davon die Werte besser werden.
Gruß vom Gyuri

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Offline Dirk B.

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Re: postprandial - wie hoch darf der BZ steigen
« Antwort #7 am: Januar 31, 2017, 09:11 »
Solche Theorien sich recht und gut … wenn sie aufgehen.
Wer aber (wie z.B. meine Frau) mit 350mg/dl aufwacht und über den Tag verteilt MINDESTENS 75 I.E. Novorapid spritzt um wenigstens postprandial unter der 300er Marke zu bleiben, dem kann man nicht das Lantus entziehen und hoffen, dass davon die Werte besser werden.

Hallo Gyuri,

Auf keinen Fall. Die Werte deiner Frau sind im Vergleich zu meinen unterirdisch. Ich werde auf Basal nicht verzichten können. Ich habe aufgrund meine "Trucility Experimentes" Lantus reduzieren müssen Ich bin da von 1x36IE auf auf 2x14IE gegangen (anraten des Arztes). Trucility scheint wohl nun endgültig seine Wirkung oder Nachwirkung zu verlieren. Das soll zwar nur eine Halbwertzeit von ca. 4-5 Tagen (0,75mg) haben aber es scheint bei mir wohl etwas anders als bei anderen gewirkt zu haben. Aber seit dieser Woche beginnt mein nüchtern Zucker wieder zu steigen ohne das ich etwas in den letzte Tagen verändert hätte.
Nun überlege ich ob ich das Lantus wieder komplett am Abend spritze ohne die Gesamteinheiten zu erhöhen, also 28IE am Abend, um Morgens die höchste Wirkung zu haben um einen niedrigeren Nüchternzuckerwert zu bekommen. Dann wird aber wahrscheinlich der BZ nach dem Essen regelmäßiger hoch ansteigen bis dann am Abend die Wirkung des Lantus, bis zur Neuinjektion, nachlässt Dieses würde ich dann bei Bedarf mit Bolus Insulin Korrigieren wollen.
Soweit die Theorie.. :gruebeln:
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Offline Joerg Moeller

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Re: postprandial - wie hoch darf der BZ steigen
« Antwort #8 am: Januar 31, 2017, 11:11 »
In der Diabetologie gibt es den Begriff "Glukosehomöostase".

Gemeint ist damit im Wesentlichen ein Gleichgewicht zwischen Blutzucker auf der einen Seite und Insulin auf der anderen Seite (Und den Vorgängen im Körper, die diese beiden Kontrahenten beeinflußen).

Optimal ist ein Gleichgewicht:


Wenn man jetzt etwas isst, kommt mehr Gewicht auf die linke Seite. D.h. um das Gleichgewicht zu halten, muss auch die rechte Seite was drauflegen. Und diese rechte Seite ist bei Diabetikern eben gestört. Deswegen dauert es länger, bis wieder ein Gleichgewicht entsteht. Wenn man nichts weiter isst und die Bauchspeicheldrüse noch ein bißchen was beisteuern kann, dann wird es irgendwann auch wieder zu einem Ausgleich kommen. Der Blutzucker wird dann sinken, weil manche Zellen kein Insulin brauchen um Gukose aus dem Blut aufzunehmen und weil ein Zuviel dann über die Nieren ausgeschieden wird. Aber ein zu hoher Blutzucker ist so lange schlecht für die Blutgefäße, wie er besteht.
Deswegen regelt die Bauchspeicheldrüse das bei einem Gesunden so, dass der BZ erst gar nicht so hoch steigt oder wenn er das tut, dass es dann schnell wieder auf Normalniveau ist.

Was genau das anzupeilende Normalniveau ist kann man sich bei einem "Blutzuckerbelastungstest" in den Normwerten ansehen: https://de.wikipedia.org/wiki/Oraler_Glukosetoleranztest.

Um dieses Ziel zu erreichen hat ein Diabetiker verschiedene Stellschrauben:
- Insulin
- Mahlzeit
- Bewegung

Mit dem Insulin (gemeint ist da ein schnell und kurz wirkendes Insulin) kann man sehr gezielt vorgehen. Und das nicht nur in der Menge, sondern auch in welchem zeitlichem Verhältnis zur Mahlzeit man es spritzt. Wenn man sich die Waage anschaut wird es klar: optimal ist, wenn nicht alles auf einmal auf eine Seite kommt, sondern wenn es möglichst zur selben Zeit auf beide Seiten der Waage verteilt wird. Beim Insulin kann man das mit dem Spritz-Ess-Abstand beeinflußen, bei der Mahlzeit mit derem glykämischen Index, also wie schnell die Kohlenhydrate aus dieser Mahlzeit ins Blut gelangen. Vollkornbrot geht langsamer ins Blut als Weißbrot (der BZ steigt dann langsamer an und das Insulin muss nicht sooo schnell verfügbar sein) und auch nach einem Käsebrötchen steigt der BZ langsamer als nach einem Marmeladenbrötchen.

Schließlich bleibt noch die Bewegung, denn wenn die Muskeln aktiv sind fällt es ihnen leichter, Glukose aus dem Blut aufzunehmen. Manche haben da schon gute Erfahrungen mit einem Spaziergang oder einer Runde mit dem Fahrrad nach dem Essen gemacht.

Viele Grüße,
Euer Erklärbär  :zwinker:
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Offline Joerg Moeller

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Re: postprandial - wie hoch darf der BZ steigen
« Antwort #9 am: Februar 03, 2017, 13:27 »
Ich hab das Thema hier mal geteilt, weil es jetzt zu allgemein wird. Der Erklärbär hat ja geantwortet :zwinker:

Viele Grüße,
Jörg
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